Kanaren News (El Hierro-La Gomera-La Palma)

Sonntag, 12. Februar 2012

Carneval auf La Palma

Was haben Carneval und La Palma gemeinsam ?
Auf ersten Blick nicht viel. Carneval wird zwar auch hier gefeiert, aber in der Hauptstadt Santa Cruz de La Palma geht am deutschen Rosenmontag der "Dia de Los Indianos" über die Bühne. Ein einmaliger Tag der nur weltweit hier auf La Palma zelebriert wird.

Feine Herrschaften rauchen Havannas, falsche Dienstmädchen schwingen die Hüften: Am Tag der Indianos spielt die Kanareninsel La Palma Karibik.


Einen gut gemachten Artikel zum Thema hat Zeit-Online verfasst, den ich Ihnen auszugsweise nicht vorenthalten möchte:

Es war ruhig geworden auf der grünen Insel, es kamen keine großen Schiffe mehr, um Fässer mit Trinkwasser zu füllen, bevor sie über den Atlantik in die Neue Welt segelten. Man lud keinen Wein mehr, um ganz Europa damit zu versorgen, auch das Geschäft mit dem Zuckerrohr, den Bananen und dem karminroten Farbstoff der Koschenille-Laus lief schlecht. 10.000 Menschen, ein Drittel der Bewohner La Palmas, waren über Generationen nach Kuba, Venezuela und Brasilien ausgewandert. Nun schrieb man das Jahr 1970. Und Victor Díaz Molina, der zu Hause geblieben war, langweilte sich. Er traf sich mit seinen Freunden am Hafen von Santa Cruz, und weil Karneval war, kamen Yolanda Cabrera und ihr Bruder auf die Idee, sich zu verkleiden. Mit einem hölzernen Reisekoffer liefen sie durch die Straßen, so wie einst die Indianos: jene Auswanderer, die in Südamerika tatsächlich ihr Glück gemacht hatten und nach Jahrzehnten in edlen weißen Klamotten, mit Koffern voller Geld und dunkelhäutigen Hausmädchen nach La Palma zurückgekehrt waren.


Außerdem beschlossen Victor und seine Freunde, jeden, dem sie begegneten, mit Talkpuder zu bewerfen. Das war schon einmal Sitte gewesen auf der Insel, bis die Kirche dem heidnischen Pulverfest ein Ende setzte. »Wir waren vielleicht zehn, hatten fünf Dosen mit Talk dabei und liefen vom Hafen zur Plaza de España. Es war sehr lustig.« Deshalb verkleideten Victor und seine Freunde sich auch im nächsten Jahr wieder und im übernächsten. Einmal fummelten sie sich in die ausgedienten Uniformen der Iberia-Airlines und zogen zur Startbahn, die man zwischen den Friedhof und eine tiefe Schlucht an den steilen Hang gequetscht hatte. Der Kapitän der Maschine zögerte nicht, die verführerischen Stewardessen an Bord zu lassen, und wenig später balancierte Victor ein Tablett mit Whisky und Wein durch die Reihen der Passagiere.
»Wir hatten nicht viel, Anfang der Siebziger, aber wir hatten Spaß«, sagt Victor Díaz Molina, der im Garten vor seinem kleinen Haus sitzt und zu dem großen, hölzernen Vogelkäfig schaut, in dem vor Kurzem noch Kanarienvögel zwitscherten. Eines Nachts schlich ein Raubtier herbei und nahm sie mit. Auch mit der Musik des Karnevals war es irgendwann vorbei; denn Franco behagte das bunte Treiben nicht. Victor und seine Freunde feierten heimlich weiter, in Kneipen und in entlegenen Gassen, und wenn die Polizei auftauchte, verschwanden alle spurlos in irgendwelchen Hauseingängen. Damals wurde es noch ein bisschen stiller auf der Insel La Palma.

Heute ist es wieder laut. Es sind auch keine zehn Palmeros mehr, die zum Karneval durch die Straßen ziehen, es sind Tausende. Im Kraterrund des alten, zur Hälfte ins Meer gestürzten Vulkans mit dem Hafen von Santa Cruz drehen sich Karussells und ein neongrün beleuchtetes Riesenrad, auf der pinkfarbenen Achterbahn kreischen Kinder vor Vergnügen, vor den Schießständen stehen Frauen, die keine Frauen sind. Eingehakt wie alte Freundinnen, ziehen die Freizeittransvestiten paarweise durch die Straßen, auffällig gekleidete Gestalten mit zu kräftigen Schenkeln und zu kurzen Kleidern. Auch die 20 Trommler aus Dresden sind in diesem Jahr wieder dabei, umringt von einer tanzenden Menge. Sie sind die einzigen deutschen Karnevalisten auf La Palma. »Wir wollen Party«, sagt Krischan, der Vortrommler, und um diese Zeit ist Santa Cruz eine einzige Party. Während in Köln die Rosenmontagszüge mit drögem Rumtärätätää durch die Straßen ziehen, tanzt man hier zu kubanischen Rhythmen. Alles ist südamerikanisch, nur der Federschmuck fehlt – und weniger bunt ist es als in Rio. Vor allem am »Tag der Indianos«, dem alle Palmeros entgegenfiebern, trägt man ausschließlich Weiß – jenes strahlende Weiß, in das sich die erfolgreichen Heimkehrer kleideten, wenn ihre Schiffe nach Jahren endlich wieder im Hafen von Santa Cruz einliefen. - weiterlesen.




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